Liebes Tagebuch,
mir fällt auf dass ich einiges nachzuholen habe. Angefangen von vorletztem Wochenende. Am Sonntag besuchte ich das Tulip Time Festival bei dem die Einheimischen hier ihre niederländischen Wurzeln feiern. Das Wetter war unglaublich gut, der wärmste Tag hier bisher. Zuerst hatte ich Angst in der Stadt keinen Parkplatz zu bekommen weil mir alle erzählt haben wie voll es in Holland zur Tulip Time wird. Deswegen parkte ich zunächst zwanzig Fußminuten von der Innenstadt entfernt. Nach den ersten paar Schritten durch menschenleere Straßen drehte ich um, holte das Auto und fuhr weiter in richtung Stadt. In der Stadt gibt es in jeder Straße zwei Kirchen, jede der vielen christlichen Strömungen ist mehrfach vertreten. Jede dieser Kirchen hat einen großzügig bemessenen Parkplatz, und immernoch weit und breit kein einziges Auto zu sehen. Als ich mich dem Stadtzentrum näherte wurden die Straßen langsam voller. Deswegen parkte ich auf einem der leeren Kirchenparkplätze, etwa fünf Fußminuten von der Innenstadt entfernt. Der Amerikaner an sich will nämlich genau Null Fußminuten vom Geschehen entfernt parken. Deswegen waren die zentralen Straßen der Innenstadt mit Autos verstopft. Überall auch Fußgänger, und die Stadt hat extra Verkehrspolizisten eingesetzt um den Verkehr zu regeln.
Das Fest selbst war nicht so berauschend, aber immerhin habe ich schöne Postkarten gefunden und den Jugendlichen beim Tanzen in Holzschuhen zugesehen. Nachdem ich einmal kreuz und einmal quer durch die Innenstadt gelaufen war wurde mir der Trubel zu viel und ich beschloss den Abend am Lake Michigan in einem der State Parks der angrenzenden Dörfer zu verbringen.
Meine Wahl fiel auf den Saugatuck State Park, der mit Wanderwegen und hohen Dünen wirbt. Mit dem Auto zwanzig Minuten entfernt. Hier ist mit dem Auto alles etwa zwanzig Minuten entfernt. In Erlangen ist alles mit dem Fahrrad etwa zwanzig Minuten entfernt.
Am Eingang des State Parks hängt ein Schild, dass man eine gewisse “Erholungs-Erlaubnis” bräuchte um den Park zu besuchen. Das Häuschen am Eingang war unbesetzt, also fuhr ich auf den Parkplatz um einen der Besucher zu fragen was es damit auf sich hat. Der Besucher mit dem ich sprach hatte einen sehr komischen Dialekt, und nach einigen Sätzen fragte er mich ob mein Dialekt wohl ein deutscher Dialekt sei. Auf meine Bejahung antwortete er: “Dann können wir ja auch deutsch reden”. Die Gemeinde will für die Pflege des Parks eine Gebühr haben, den sie für Anwohner über die KFZ-Steuer kassieren, und Besucher sollen halt 8 Dollar in einen Umschlag stecken und in den Briefkasten am Eingang werfen. Gesagt getan, und auf zum Strand. Auf dem Wanderweg zum Strand begegneten mir mehrere Leute mit Holzschuhen. Wo sie die wohl her hatten?
Um zum Strand zu kommen muss man über eine sehr hohe Düne klettern, was sich aber lohnt. Der Strand ist sehr schön, riesengroß und es waren nur in der Nähe des Wanderwegs eine Handvoll Leute, sonst war es absolut Menschenleer. Leider wurde es gegen Sonnenuntergang unangenehm kalt, die zwei Stunden bis dahin konnte ich jedoch im T-Shirt gut aushalten. Ein paar unerschütterliche Kinder badeten sogar im gefühlt fünf grad kalten Wasser. Auf meine Frage ob das nicht zu kalt sei bekam ich gleichzeitig von dem Mädchen ein Nicken und von dem Jungen ein Kopfschütteln als Antwort. Na gut, nächstes Mal ist meine Badehose mit dabei.
Die folgende Woche war ziemlich anstrengend, JCI sollte einen Zwischenstand an ihren Auftraggeber präsentieren und unsere Software hatte ziemlich viele Fehler. Deswegen arbeitete ich viel, und als die Leute bei JCI am Wochenende auch noch arbeiteten konnte ich mich natürlich nicht davor drücken es ihnen gleich zu tun. Deswegen verbrachte ich das letzte Wochenende mit Arbeiten. Es regnete sowieso wie aus Kübeln, an den Strand dachte ich nur dann und wann.
Jetzt liegen noch ein Wochenende und zwei Arbeitstage zwischen mir und der Abreise. Wenigstens scheint die Sonne wieder, einem weiteren Strandbesuch wird nichts im Wege stehen. Du merkst, liebes Tagebuch, der Strand hat mich begeistert. Doch die Freude auf das Wochenende wurde gestern durch einen furchtbaren Schrecken etwas gedämpft. Als ich wie üblich bei Meijers einkaufen war, und wie üblich meine Kreditkarte zum Bezahlen durch den Kartenleser zog erschien auf dem Bildschirm die Meldung: “Karte nicht akzeptiert”. Der zweite Versuch wurde mit der gleichen Meldung beantwortet. Ich hatte gerade noch genug Bargeld um den Einkauf zu bezahlen. Ohne Geld und mit nicht funktionierender Kreditkarte ging ich an dem Schild vorbei zum Auto zurück. Vor einigen Wochen fand ich das Schild noch lustig, jetzt kam es mir wie Hohn vor. In Gedanken spielte alle Möglichkeiten durch wie ich mein Hotel bezahlen soll. In Deutschland war es gerade zwei Uhr Nachts, keine Möglichkeit bei der Sparkasse anzurufen und nachzufragen was los ist. Zurück im Hotel rief ich zuerst bei der Autovermietung an um mich zu erkundigen wie viel ich am Mittwoch werde bezahlen müssen und ob sie vielleicht etwas damit zu tun hätten. Sie haben nichts damit zu tun, und ich muss noch 40 Dollar bezahlen. Nachdem ich zwei mal bei der Rezeption war und mit der Dame dort beraten habe wie ich am Mittwoch meine Rechnung bezahlen könnte, kam ich auf die Idee die Dame meine Kreditkarte ausprobieren zu lassen. Also kaufte ich im Hotel-“Market”, ein Kühlschrank und ein Regal mit Snacks, ein Fläschen Cola. Siehe da, meine Karte funktionierte anstandslos. So erleichtert habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Noch nie hat mir Cola so gut geschmeckt wie diese Flasche. Der Anruf bei der Sparkasse heute Früh ergab auch nur dass mit meiner Karte alles in Ordnung sei.
Deswegen werde ich morgen die Karte noch einmal in einem anderen Laden ausprobieren und dann, drück mir die Daumen dass das Wetter so schön wird wie heute, einen ganzen Tag am Strand liegen. Meijers wird mich auf jeden Fall nicht wiedersehen.
Bis bald, Markus